Das war die PC PowerPlay – Ein Rückblick von Magaziniac

1.11.07

ACHTUNG
Vorher Teil 1 und Teil 2 im Original AUFMERKSAM lesen.

Nach lesen dieses Blogeintrages auch die HINWEISE am Ende des Textes beachten.

Rückblick Teil 1/2

Herbst 2004, das Phrasenschwein ist bereits geschlachtet. Wir hatten ein klares Ziel vor Augen. Irgendwo da vorne musste es sein, oder dahinten, oder fünf Kilometer weiter rechts oder war’s doch links? Jedenfalls sollte nach 1997 wieder ein großes PC-Spieleheft an den Start gehen. Anstelle von neuen Schreiberlingen setzten wir auf Altbekannte und bekamen dadurch kostenlose Werbung in Form von relativ viel Aufmerksamkeit.

Gemeinsam wollten wir eine Alternative zu den angestammten Heften auf den Markt bringen, denn bereits vor uns hatten GameStar und PC Games die älteren Spieler im Visier, wohingegen die PC Action eher jüngere Leser anspricht. CyPress geht es vor dem PC PowerPlay-Launch blendend und während sich Computec, IDG, Bauer und Springer gerade eine ruinöse Vollversionsschlacht liefern, gibt es keinen besseren Zeitpunkt um in den Markt einzusteigen. Da der Dumpingpreis unseres Schwesterheftes Games Aktuell schon nicht dazu taugte, um große Verkäufe zu generieren, gehen wir ebenfalls damit an den Start und verramschen das Heft für 2,99.

Mit einem in fünf Minuten zusammengeschusterten Dummy, geht ein Teil des Teams auf Werbetour. Die Resonanz ist überwältigend. Für 50% der befragten ist das Glas halb voll, für 50% ist es halb leer. Das hastig in Paint erstellte Cover in rot/schwarz hat gegen ein blaues mit Photoshop natürlich keine Chance, deswegen muss hier noch ordentlich nachgebessert werden. Gar nicht so einfach, schließlich ist das halbe Team noch damit beschäftigt für die Konkurrenz zu schreiben. Andere Redaktionen basteln schon mal sechs Monate an ihrer Debütausgabe, die Zeit haben wir allerdings nicht. Deswegen kopieren wir einfach das beste aus GameStar und PC Games um eine PC GamesStar, pardon, PC PowerPlay zu erschaffen.

Die Reihenfolge der Rubriken, die Umfänge der Artikel, einzelne Elemente – das alles ergibt sich relativ schnell, schließlich können auch wir das Rad nicht noch mal neu erfinden, schon gar nicht in der kurzen Zeit.

Mit dem Ergebnis sind wir zufrieden, das Heft fügt sich perfekt in das Kioskbild ein. Vielleicht greift ein GameStar-Käufer versehentlich zum falschen Magazin. Aus dem Stand landet die PC PowerPlay in den roten Zahlen, das angepeilte Ziel ist erreicht. Das Heft selbst wirkt etwas kantig, aber im Endeffekt ist es uns ganz gut gelungen uns alles wichtige an den passenden Stellen zusammenzuborgen. Die Vollversion hat auch einen Keks verdient, dazu später mehr.

Die Stimmung ist so lala, die zweite Ausgabe ist in der Mache, der WoW-Hype beginnt und wir haben wieder eine klasse Vollversion.

PC PowerPlay ist wie gewünscht in der Verlustzone gestartet, alles läuft. Nachts ist es kälter als draußen, heißt es bekanntlich. Doch anstatt Zuhause ist kürzer als zu Fuß, greift fünf Sterne Geschäftsführer Stefan Winners den Bootsjungen ins Ruder. Früher als geplant soll der Dauertiefpreis angehoben werden, weil die angehäuften Verluste schon am Budget der Schwesterhefte knabbern. Außerdem hat eines unserer Schwesterhefte mit einer Preisschlacht „bis aufs Blut“ gedroht. Der höhere Heftpreis dient allerdings nicht um unser Budget zu erhöhen. Stattdessen sollen wir den übersättigten Markt mit zwei Vollversionen weiter verstopfen, ohne dass wir mehr Geld für die Beschaffung kriegen. Das Team ist von der Kostenbremsstrategie und der letzten Handlung von Winners schwer geschockt.

Aber an manchen Tagen hat man Pech und an anderen kann man einfach nicht gewinnen und so verlässt uns auch noch Patrick Hartmann.

Da es zu einfach wäre sich durch Layout und Coverdesign von den Mitbewerbern abzuheben und die Marktforschung ergeben hat, dass blau eine schöne Farbe ist, packen wir Videos im WMV-Format auf die DVD. Der erwartete Auflagenanstieg bleibt aus, noch immer findet uns niemand am Kiosk.

Es ist Juni 2005. Wir müssen zwei Vollversionen bringen und haben aktuell nichts zugkräftiges an Exklusivmaterial. Die Mitbewerber schlafen, sie ignorieren unseren Dumpingpreis. Der Zusammenbruch der New Economy 2000, der 11. September 2001 und die Wiedervereinigung 1990 haben immense Kosten verursacht. Für diese plötzlichen Ereignisse hat der Verlag keine Reserven vorgesehen. Noch dürfen wir Verluste machen, aber unser scheidender Geschäftsführer will eine schwarze Null sehen.

Die Marktforschung hat ergeben, dass der Markt nicht mehr wächst. Aber es ist ja nicht unsere Aufgabe das Heft trotz geringerer Verkäufe auf ein solides Fundament zu stellen.

Das erste Jahr PC PowerPlay ist so gut wie vergangen. Nach dem sehr guten Start gerät der Motor des Heftes ins Stottern, die Suche nach den Ursachen beginnt. Fehler finden wir keine. Die Forenuser, die kritisieren, dass wir kaum von den Mitbewerber zu unterscheiden sind, haben alle unrecht.


Rückblick Teil 2/2

Eigentlich schwingt der Henker schon mit seinem Beil, denn Profitabel kann das Heft mit dem Preis erst ab 150.000 verkauften Exemplaren werden. Doch unser neuer Geschäftsführer sieht das ganze nicht so eng. Also wird nach neuen Nischen gesucht, die noch nicht bedient werden. Die der CBS-Käufer erscheint uns dafür am geeignetsten. Also haben wir uns für „Mehr Spiel. Mehr Spaß. Mehr Service.“ als Heftkonzept entschieden. Jetzt, wo das Heft hopps ist und der Verlag seine Pforten geschlossen hat, können wir ja auch ruhig zugeben, dass das zweite Redesign für die Tonne war. Außerdem tut es uns sehr leid, es den Moderatoren übel genommen zu haben, dass Konzept genauso blöde zu finden, wie wir auch.

Da die PC PowerPlay bereits ordentlich am Schlingern ist und die Onlineauftritte nur aus Foren bestanden (auf pcpowerplay.de hat ja nie jemand Updates gemacht und opm-net wollte ohne Flashplayer nicht laden), muss da was gemacht werden. Aufopferungsvoll übernehme ich die Projektleitung eines neuen Onlineportals mit Fantasienamen. Es wäre schließlich Wahnsinn die Auftritte unserer bekannten Marken Grundzusanieren. Wieder bei Null anzufangen, entwickeln eines Konzeptes, aussehen, etc. pp. kostet schließlich auch viel weniger als das tägliche Posten von News auf unserer Seite. Um es offen zu sagen, ohne PC PowerPlay und Cynamite.de hätte CyPress das Jahr 2007 überlebt.

2006 war ohnehin ein Schicksalsjahr für CyPress. Weiter sinkende Verkaufszahlen, Kostendruck und noch immer wird uns der Geldhahn nicht zugedreht. Wir müssen trotzdem Überstunden machen und dann sind die Forenuser auch noch so gemein und sagen uns jeden Monat, was wir falsch machen. Das Allerschlimmste, die Verkaufszahlen geben ihnen auch noch recht. Am liebsten hätte ich mal den kleinen roten Buzzer im Pentagon gedrückt.

Apropos Waffen: Eine der Waffen eines jeden Spielemagazins sind natürlich exklusive Themen. Und zwar am Besten exklusive Geschichten zu den absoluten Top-Themen – die aber jedes Magazin will. Für tolle Sachen reicht unsere Auflage nicht, also nehmen wir halt mal etwas andere Coverthemen. Gelohnt haben sich Dinge wie Rise & Fall aber nicht. Da hat es auch nicht geholfen drei Mal „Exklusiv“ auf das Cover zu schreiben. Dass das Artwork nur ein drittel des Cover einnimmt, teilweise durch Heftlogo, DVD-Spalte, Schriftzug der Coverstory und Barcode verdeckt wird, hat zum Glück noch Schlimmeres verhindert.

Auch Bioshock war im Hinblick auf die Verkaufszahlen im August 2006 ein glatter Fehlgriff. Das Spiel bzw. das Artwork war Schuld daran, dass trotz unseres nur zwei Ausgaben zurückliegenden, zweiten Redesign und kompletter Neuausrichtung inkl. auf die Straße setzen aller bisherigen Käufer, die Verkaufszahlen nicht stiegen.

Während Cynamite.de die Forenuser weglaufen, schrumpft PC PowerPlay weiter. Auch andere Magazine schrumpfen, allerdings schreiben die auch keine roten Zahlen. Da wir auf die Vollversionen im Jahr 2007 verzichten, nutzen wir die eingesparten Kosten nicht um auf einen grünen Zweig zu kommen, sondern senken lieber wieder den Heftpreis. Mit dem alten Geschäftsführer wäre das ja nicht möglich gewesen.

Der Mutterverlag setzt CyPress eine Gnadenfrist, doch dass Verlustobjekt darf weiterlaufen. Und so kommt es, wie es kommen musste. Computec sagt danke zu Games Aktuell und play3.

Leider mag Computec die Augen vor der Realität nicht länger verschließen und macht die PCPP dicht. Eine Vorschau oder einen Hinweis schreiben können wir allerdings nicht mehr, denn der Chefredakteur ist im Urlaub ;-)



Hinweise:
Ja, dieser Eintrag ist sarkastisch und bitterböse.

Was möchte ich hiermit bezwecken? Nun, so ein persönlicher Rückblick ist immer schön und gut. Wenn man dann noch ein paar kleine Fehler eingesteht, ist der normale Leser damit zufrieden und hinterfragt den Text auch nicht mehr.

Aber, wäre euch aufgefallen, dass:

- das Erscheinen von GameStar XL (Februar 2006) PC Games Extended (April 2006) und Computer Bild Spiele Gold (Juni 2006) kurzerhand um bis zu ein Jahr vorgezogen wurde, auf Juni 2005, wo die Heftpreiserhöhung und die mehr Vollversionen bei der PC PowerPlay kamen?

- die Mitbewerber zum Erscheinen der PC PowerPlay einmalig ein Vollversionsfeuerwerk gezündet haben, aber nie den Hauch von Interesse gezeigt haben den Preis als Gegenmaßnahme zu senken?

- man sich mit 100.000 verkauften Heften angeblich zufrieden zeigt, obwohl das Heft erst ab 150.000 eine schwarze Null abwirft?

- ein Geschäftsführer im Sinne seines Unternehmen handelt, wenn er den Heftpreis anhebt um die Verluste zu reduzieren, damit die anderen Publikationen keinen Schaden nehmen?

- man sich an die eigene Nase fassen muss, dass ein Webauftritt auf das Forum reduziert wird, wenn man ihn einfach nicht aktualisiert?

- man nicht auf die Idee gekommen ist, die Onlineauftritte etablierter Marken auszubauen statt von vorne anzufangen?

- man sich scheinbar nie die Frage gestellt hat, warum die PC PowerPlay unbegrenzt lange immense Verluste einfahren darf und trotzdem ein Wahnsinnsbudget hat, play und OPM2 aber kaputt gespart wurden?


Vermutet jetzt nicht hinter jeder Ecke eine Verschwörung oder ähnliches, aber hinterfragt was ihr lest einfach mal ein bisschen. Zur Not könnt ihr auch mit diesem Eintrag beginnen ;-)

euer Evil

3 Kommentare:

  1. Anonym hat gesagt…

    Absolute Weltklasse Kim! Man wird ja oftmals als Dauerkritiker dargestellt... aber Fakten lassen sich halt nicht wiederlegen.
    Du zeigst es wunderbar auf wie und warum es so gelaufen ist.

    Wenn man sich den Artikel von Florian Stangl durchliest, bekommt man das Gefühl das alle anderen Schuld sind... nur er bzw. sein Team nicht.

    Der arme Chefredakteur... wenn der aus seinem "Urlaub" zurück kommt... kein Job, kein Heft mehr etc...

    Eigene Fehler eingestehen können? Absolute Fehlanzeige.

    Ich hoffe das die "leitende Stelle" (eine leitende Stelle ohne Bezeichnung ist schon klasse) nicht zuviel Verantwortung bedeutet. Denn zu einer guten Führungskraft gehört es die Situation passend analysieren zu können und eigene Fehler einzugestehen.
    Aber wenn die "leitende Stelle" die Leitung der Büroputzkolonne sein sollte, dann hat es ja wenigstens nicht so schlimme Auswirkungen auf die Computec-Hefte.
    Ausser die Redakteure können dann aufgrund eines nicht gereinigten Schreibtisches ihre Tastatur nicht mehr finden... aber für Herrn Stangle ist dann wohl die Weltwirtschaftskrise von 1929 schuld.

    Florian Stangl hätte in die Politik gehen sollen, dort laufen die Geschäfte ähnlich.

  2. Anonym hat gesagt…

    Mal wieder ein guter Artikel. Mittlerweile könnte man meinen Bildblog zu Bild wie Magazianiac Blog zum PC/Konsolen-Zeischriftenmarkt.

    Bissig, ironisch, sarkastisch - top, da muss ich dem Lux mal wieder recht geben.

  3. Anonym hat gesagt…

    Besonders überraschend ist es nun nicht, dass Stangl nicht wirklich schmutzige Wäsche wäscht oder sich gar eine Mitschuld auflädt - schließlich arbeitet er noch in der Branche.

    Viel offener kann er offiziell wohl nicht sein, auch wenn der informierte Leser wenig neues erfährt (plus eben die von Evil aufgezählten Faktenfehler).

    Na ja, Evil trauert immer noch um "seine" ollen PlayStation-Mags von CyPress :-P.