play vanilla - Deutschlands erstes Spielemagazin (nur) für Sie

12.4.07

Vor Monaten groß angekündigt und nun seit dem 04. April 2007 im Handel erhältlich, play vanilla, das Spielemagazin für Frauen.

Lifestylezeitschriften sind nun wirklich nicht gerade eine Erfindung der letzten Monate und die Idee Casualgamer anzusprechen ist mehr als nur angestaubt. Ein Geschlecht bei einem Spieleheft, in diesem Fall das Männliche, völlig auszuschließen zu wollen ist in der Tat neu.

Eine Packung Klischees, extra groß, bitte!
Schon beim Cover wird eines deutlich, einen tieferen Griff in die Klischeekiste hätte man kaum tätigen können. Rufen wir uns doch einfach noch mal spaßeshalber das Cover einer Frauenzeitschrift in den Kopf und erinnern uns an alle Vorurteile: Stars, Accessoires, Freizeittipps und Diäten. Und was genau bietet uns play vanilla? 69 trendige Spiele für jede Gelegenheit, teurer Ramsch *ähm* coole Accessoires für Ihr Zuhause und last but not least: Schlankmacher Wii und EyeToy im Test.

Wer nun hofft, im Editorial würde es besser werden (Cover muss halt so sein, soll ja verkaufen etc. pp) wird bitter enttäuscht bzw. eines besseren belehrt. Auch hier werden die Geschlechterrollen von der Stange munter weiter propagiert. Die meisten Genres im Spielebereich seien eher was für Männer (Militärspiele, Shooter, Motorsport), wohingegen Frau mehr wert auf Spiele für Herz, Sinn und Verstand gleicher Maßen lege. Außerdem sei das Magazin für alle, denen die meist oberflächliche Berichterstattung einer Fernsehzeitung nicht ausreicht und die kein Technikgequatsche hören wollen.

Aha, Frau ist also kaum in der Lage schwerere Kost als die Fernsehzeitung zu lesen. Fragt sich nur, wie die je ca. 10% weiblichen Leser es bei der PC Games und der GameStar mit ihren Heften klarkommen. Um noch mal zu den Klischees zu kommen, Frauen sind ängstlich und schreckhaft und aus dem Grunde müssen sie auch mit einem 'Vorsicht Splatter'-Symbol vor solch grauenhaften Spielen gewarnt werden. Immerhin positiv: Frau wird im Gegensatz zu Mann zugetraut auch mit Wertungen klar zu kommen, die nicht aus 100 Abstufungen, am besten noch mit 3 Nachkommastellen, bestehen - play vanilla setzt auf ein 5er System.

Rubriken

play vanilla Talk:
Allgemein ist bekannt, dass Frau sich für Welt der Stars und Sternchen interessiert mit dem dort verbundenen Klatsch und Tratsch. Verschiedene weibliche Promis (z.B. Anastasia, Collien Fernandes) erzählen nun, warum sie was gerade Spielen.

Belanglos und ohne Nährwert, aber OK, das haben solche Themen nun mal so an sich.

First Look:
Die obligatorische Previewrubrik eines jeden Spielheftes. Die Texte sind arg bildlastig und extrem kurz, gehen aber in Ordnung. Vor allem der vierseitige Bericht zu Assassin’s Creed ist ok.

Short Play:
Die Rubrik beginnt mit MP3-Playern und Handynews, vor allem werden besonders unpraktische Modelle vorgestellt, sowie hässliche Ipodaufkleber und Handytaschen. Die neusten Mobiltelefone 'frisch vom Laufsteg' dürfen natürlich auch nicht fehlen. Weiter geht es mit Haufenweise Casualgames fürs Handy, die in extrem kurzen und nichtssagenden Texten, dafür reich bebildert vorgestellt werden. Auf den Seiten 72 bis 75 finden sich einige größere 'Tests'. Mehr als eine Spielbeschreibung mit Wertung darunter sollte allerdings nicht erwartet werden. Das Text/Bildverhältnis liegt in etwa bei einem Teil Text und zwei Teilen Bildern.

Happy Hour:
Mit Spielnews und Hardware soll laut Inhaltsverzeichnis dieser Heftteil beginnen, zu Gesicht bekommt man aber überwiegend sündhaftteure Staubfänger, pardon, nützliche Gadgets.

Endlich ist man auch beim lang erwarteten Highlight angekommen, der Titelstory 'Fit Wii nie'. In an Peinlichkeit kaum zu überbietender Weise (sowohl vom Text als auch von den Bildern) wird man durch das Wii-Sports und EyeToy: Kinetic Combat Workout geführt. Bitte unbedingt weiterblättern um Folgeschäden zu vermeiden. Anschließend folgen wieder einige mehr oder weniger belanglose Tests mit reichlich bunten Bildern zum Sammeln und tauschen.

Ladies Night:
Wie gehabt wird mit einer Doppelseite News und überflüssigem Krams gestartet. Weiter geht es mit einer selten dämlichen Fotostory 'Die (PS3) oder ich!'. Überraschung: Es folgen wieder Tests nach altbekanntem Schema, diesmal aber zu Spielen, mit denen sich schon einige Stunden länger vor der Glotze verbringen lassen (z.B. FFXII)

My Vanilla Living:
Fraus liebstes Hobby muss nun ein letztes Mal exzessiv ausgelebt werden: Es folgen weitere teure Einrichtungsgegenstände und ein 13 Seiten Shoppingguide für Konsolen und Handhelds.

'Geht draußen Spielen', 'Deutschlands schönes Pokerface' und 'die schönsten neuen Spiele'. Auch Ausgabe #2 wird dort weitermachen, wo das erste Heft endete.


Bleibt am Ende nur eines zu hoffen:
Möge Frau am Kiosk mündig genug sein und ein paar cm weiter zu einem echten Spieleheft greifen. Wenn play vanilla eines tut, dann das Image zu unterstreichen Frauen als Spieler nicht ernst zu nehmen und leidige Rollenklischees aufrecht zu erhalten.

Als Anmerkung zum Schluss. Auch Mann weiß durchaus ein Casualgame in der Mittagspause oder für zwischendurch zu schätzen, nicht umsonst schießen Portale mit Flashgames wie Pilze aus dem Boden. Genauso ist Frau nicht damit überfordert auch mal zwei Seiten Text mit Inhalt und ohne Technikblabla zu lesen und ein Spiel zu spielen, das über Tamagotchis hinausgeht.

Daten und Fakten:
Start: 04. April 2007
Erstausgabe: 05+06/2007
Verlag: Computec Media
Segment: Spiele/Frauenzeitschrift
Erscheinungsweise: zweimonatlich
Copy-Preis: EUR 1,90
Chefredakteurin : Petra Fröhlich
Druckauflage: 100.000 Exemplare (Verlagsangabe)

2 Kommentare:

  1. Anonym hat gesagt…

    hey, cool, dass de jetzt auch nen Blog hast!

    Naja, dass das Mag oberflächlich wird, hätte man ja erwarten können.
    Und eine 5-Wertung wäre ja nicht schlecht, wenn nicht jedes Spiel 5 pkt bekommen würde. ;)

    Was solls, auch die CBS ist oberflächlich und tortzdem ist es das besteverkaufste Mag im Videospielbereich. Wer weiß, wie so ein Niveau von Glaumour etc. ist, vielleicht greifen auch da ein paar zu Play Vanilla...

  2. Anonym hat gesagt…

    Die Zielgruppenansprache der play vanilla scheint nahezu perfekt zu sein. Gemessen daran, wie schlecht das Blatt auf Männer wirkt. Demzufolge greifen die Herrschaften auch nicht zu und überlassen den Frauen das Regal. 99% weibliche (Primär-)Leser.

    "In an Peinlichkeit" kaum zu überbieten ist ein bemerkenswert seltsam klingender Ausdruck.

    Ansonsten, cooler Blog!